Etappen

02.06.2017 Xerókambos

  

Ich bin früh aufgebrochen. Das Wetter verspricht gnadenlose Hitze und es hätte was, wenn ich schon da wäre, wenn es soweit ist. 12km Luftlinie sagt das Handy. Na mal sehen, was das brutto bedeutet. Ich muss heute noch einmal richrig hoch auf über 500m und damit die südöstliche Spitze von Kreta überqueren. Damit endet die Südküste also für mich. Ganz zum Ende kommt man nicht hin, dort steht ein Kraftwerk und produziert eine feine, gelbe Schlierwolke, die über das Mittelmeer hinweg fliegt. Für mich geht's bergauf durch dichte Olivenhaine, die so ausgewachsene Bäume haben, dass man darunter sogar Schatten findet. Und es ist anstrengend. Ich bin schon nach 30 Minuten klatschnass und die Sonne ist noch gar nicht bei voller Kraft. Das kann was werden. Es geht über eine Piste, die irgendwann nicht mehr viel mehr als ein Wanderweg ist. Keiner da weit und breit. Aber immer wieder kleine Kapellchen, an denen ich Wasser bekomme. Damit also eine große Sorge weniger. Nach Stunden komme ich auf einer Gebirgsstaße an und bin gefühlte 3 Liter leichter. Von wegen 12km. Ich hab jetzt schon 15 auf der Uhr und die Karte sagt hämisch "komm schoooon, Hälfte hamma!" Serpentinen sollte man nicht unterschätzen, lehrt mich das. Ich bin oben. Das heißt "kühler" Wind. Aber beim Blick auf die Bucht unter mir auch die Erkenntnis, dass Luftlinie hier nur für Vögel interessant ist. Ich laufe riiiiesige Schleifen hinunter und umkreisen jeden Hügel. Querelenein wie in den Bergen kann man knicken, es sei denn, man steht auf blutige Käule. Alles, was hier wächst, pikst gar mächtig. Also runter runter ruuunter... Autos kommen vorbei. Ich hab den Daumen. Neee. Diesmal will mich keiner mitnehmen. Ich hab kein Wasser mehr und es beginnt im Kopf zu hämmern. Kann dieser Stromkasten da vorne nicht bitte bitte einen Wasseranschluss haben?... Ich dachte, werde Zeuge einer Fata Morgana. Denn er kann. Das Ding ist ne Pumpe für nen dicken Wasserschlauch, der daneben liegt. Oben ist ein Überlaufventil. Toll. Ich höre Wasser. Aber wie krieg ich das da raus? Hmm... An diesem Hauptbahnhof drehen. Das hab ich gestern von Herrn Bunt gelernt. So. Wo immer das Wasser hin soll. Jetzt will ich es. Also Hahn zu. Es es gurgelt einige Sekunden. Dann schießt eine Wasserfontäne aus dem Überlaufventil. Ha. Das geht also auch umgekehrt. Schnell duschen und Flasche auffüllen, bevor das nächste Auto kommt. Perfekt. Sauber und voll mit Wasser. Es kann weitergehen.
Um 16 Uhr erreiche ich Xerokambos. 8 Stunden für 12km Luft. Haha. Aber ich werde belohnt mit einer Strandbucht, die sich schon von oben als kitschig türkisgrüne Lagune à la Elafonisi ankündigte. Nur dass hier nichts los ist. Zwei Häuser stehen hier. Eins davon mit Rooms. Ha! Meins! Sonst ist keiner da. Cool. Nebensaison rulez. Am Strand parkt ein französisches Wohnmobil. Davor zwei Nackedeis. Die obligatorische Dusche. Mich hält's nicht mehr. Ich muss mich jetzt dringend diesen türkisen Fluten hingeben, bevor morgen die letzte Etappe ansteht. Jep, es ist soweit. Morgen treffe ich schließlich in einer Bucht, die auf der Karte mehr ein Krater ist, wieder auf den tatsächlichen E4. Nur am anderen Ende des Wegs. Aber wer weiß. Vielleicht bleib ich hier auch noch ne Nacht. Hier lässt sichs echt aushalten. WLAN ist auch Bombe für wenn's dunkel ist. Man ne Nacht drüber schlafen...